Gedanken zu :“Ich zahle gern mehr“

In den letzten Tagen bin ich in meinem Newsstream auf einen sehr interessanten offenen Brief von Ehssan Dariani, dem Gründer von StudiVZ gestossen.
Gefunden habe ich diesen auf deutsche-startups.de, die noch ein paar Tage vorher einen öffentlichen Aufruf gegen das sog. „Anti- Angel- Gesetz“ gestartet haben. Schön, dass sie nun auch die öffentliche Reaktion von Ehssan dort bringen.
Die Hintergründe erfahrt ihr hier und hier. Mir geht es mehr darum, was ich nach dem offenen Brief und dann nach dem Lesen der dazugehörigen Kommentare gedacht habe.

Also, zunächst einmal hatte ich in der letzten Woche selbst mit halber Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, dass manche Steuervergünstigungen für Holding- Gesellschaften fallen sollen, was zur Folge hätte, dass Gewinne, die z.B. durch Exits realisiert werden zu weniger Anteilen reinvestiert werden können, da der Fiskus zuschlägt.
Schon da habe ich mir gedacht: Na und? Es sind nun mal richtig gute Gewinne und der Großteil bleibt ja immer noch zum reinvestieren. Wenn man sich richtig ins Zeug legt, ist es doch egal, ob man dann 5 Millionen oder 7 Millionen hat. Ansonsten habe ich mir keine weiteren Gedanken gemacht, weil man sich eben damit beschäftigt oder dem, womit man Geld verdient 😉

Dann habe ich besagten offenen Brief gelesen. Ich dachte: „Ey, der spricht mir voll aus der Seele! Ich arbeite auch hart und zahle meine Steuern. Aber ich vergesse nicht, wie gut unsere Infrastruktur hier dafür ist. An welche Leute wir rankommen. Wie schön es in Deutschland ist. Welche Möglichkeiten wir einfach so haben. Da streite ich mich doch nicht um ein paar Prozente. Wir müssen halt was abgeben, damit hier alles intakt bleibt. Und an der einen oder anderen Stelle könnte noch etwas mehr Geld gebraucht werden. Wir haben hier keine Probleme, weil die Schere zwischen arm und reich soweit auseinanderklafft. Seht in andere Länder! Ist doch alles gut hier!“

Das ungefähr waren meine Gedanken. Weil es mich nervt, dass es mehr Leute gibt, die sich immerzu Gedanken darum machen, wie man bloss dem Staat nicht einen Cent zuviel giibt und an dieser Stelle legal, grau optimieren, anstatt mal anzupacken auf der anderen Seite. Keine Schlupflöcher zu suchen, sondern sich ganz auf das Verändern, auf seine eigene Sache konzentrieren. Ich glaube, damit würde man mehr erreichen, als ncoh 1,5% mehr Steuererspranis rauszuholen.

Dann habe ich die Kommentare gelesen und ich bin geneigt umzudenken, obwohl ich meine Grundmeinung nicht geändert habe:
Den letztlich scheint es egal zu sein, wie ich denke, oder Ehssan. Der -huhu- Markt entscheidet. Und der entscheidet eben, dass er woanders weniger seines Gewinns versteuern muss. Daraus folgt der Fakt, dass hierzulande weniger investiert wird, was natürlich auch nicht in meinem Interesse ist.
Ich freue mich ja, wie überall die kleinen, neugierigen, hungrigen Unternehmen aus dem Boden schiessen und weniger Angst als die Grossen haben, neue Wege zu gehen. Sich von Deutschland weg zu orientieren, würde mir nicht gefallen.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Gutmenschentum bei Ehssan, die ich nicht einschätzen kann. Aber seis drum, ist mir auch egal. Ich denke genauso, und wenn ich so eine Bekanntheit hätte und so einen Brief schreiben würde, ereilten mich die gleichen Kommentare. Obwohl auch ich es ernst meine. Ich bin daran interessiert, dass wir einen sozialen Ausgleich haben, dass unsere Schulen nicht vergammeln, wie es in einigen Regionen der Fall ist und auf ein paar weitere Sachen. Ich bin stolz darauf und wenn ich die letzten Jahre in ein paar andere Länder, wie den USA, England, Griechenland, usw. sehe, weiß ich, dass wir hier einen sehr guten Mittelweg gefunden haben, an dem wir partizipieren, den wir aber auch mitgestalten müssen.

Von daher würde ich es mal drauf ankommen lassen und sehen, ob die Geldgeber dann auf die brodelnde Metropole Berlin mehrheitlich verzichten wollen, oder ihnen das, was wir hier haben etwas wert ist.

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