Geplanter Kugelschreiber

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Alles begann, als mein Kugelschreiber kaputtging. Ich schrieb gerade eilige Hausarbeiten zur Absatzwirtschaft und plötzlich zerbrach dieses Mistding in zwei Teile.
„Nun gut“, sagte ich mir, „dann muß ich mir wohl schnell einen neuen kaufen.“
Eine Viertelstunde später stand ich in einem Kaufhaus und fragte nach einem Kugelschreiber. Die nette Dame brachte mich zu einem riesigen Regal vor dem ich nun staunend stand. Ich wollte nur einen Kugelschreiber, dies waren hunderte. Ich drehte mich verzweifelt zu der netten Dame um.
Sie hatte sich in Luft aufgelöst. Natürlich.
Ich drehte mich wieder zu den Kugelschreibern. Es gab rote, grüne, dicke, dünne, einige aus Metall und sogar welche mit Batmanfiguren darauf. Paßte blau besser zu mir als rot? Keine Ahnung. Ich mußte eine kleine Denkpause einlegen.
Es gab also Firmen, die Kugelschreiber herstellten. Und um zu wissen, wieviel Kugelschreiber jeder Sorte sie herstellen müssen, müssen sie auch wissen, wieviele Menschen Kugelschreiber kaufen. Soweit, sogut. Die Hersteller planen also, daß ein solcher Depp wie ich heute hier vor dem Regal steht und einen Kugelschreiber kaufen will. Aber um zu wissen, wieviel rote oder grüne Kugelschreiber sie herstellen, müssen sie auch wissen, welchen ich nun haben möchte, sonst hätten sie ja nicht genug rote oder grüne herstellen können.
Ich schüttelte den Kopf. Woher wissen die das, wenn nicht mal ich es weiß?
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Sie haben bestimmt geplant, daß ich einen blauen kaufe. Blau liegt im Trend. Ich griff nach dem Blauen. Was aber nun, wenn sie geplant haben, daß ich einen roten kaufen würde? Dann würde der Hersteller Verluste einstreichen, weil er mich eigentlich für nicht für blau eingeplant hat. Mir wurde schwindelig und ich legte den Schreiber wieder zurück. Ich mußte jetzt unbedingt wissen, für welchen Kugelschreiber ich eingeplant war und ging zur Verkäuferin zurück.
„Sagen Sie mir jetzt, welchen Kugelschreiber ich kaufen soll!“ schnauzte ich sie an.
Sie blickte geschockt und antwortete: „Aber das müssen Sie doch selber wissen. Ich meine, es ist nur ein Kugelschreiber…“
„Nur ein Kugelschreiber, daß ich nicht lache… Es ist doch eingeplant, daß ich einen Kugelschreiber kaufe. Also sagen Sie mir endlich WELCHEN! Sagen Sie es mir, wenn Sie nicht wüßten, wieviele Leute welche Kugelschreiber kaufen, könnten Sie hier wohl nicht soviele hinstellen!“ schrie ich schrill.
„Einen Moment bitte.“ sagte die Verkäuferin verängstigt und drehte sich um.
Na also, ging doch. Sie schaute nun bestimmt in ihrer Statistik nach und würde mir sagen für welchen Kugelschreiber ich eingeplant war.

Sie kam zurück – zusammen mit zwei glattrasierten und verschwitzten Männern in schwarzen Anzügen., die mich ohne eine weitere Erklärung mit in ihr Büro baten. Aha – Kundenbetreuung total. Wahrscheinlich GANZ neu aus Amerika. Der letzte Trend sozusagen.
Aber stattdessen öffneten sie nacheinander und auch manchmal gleichzeitig ihre Münder und ließen einen fast unverständlichen Redeschwall auf mich niederprasseln: „Kundenbelästigung, blabla, Aufsehen erregen, labarababa, verboten…höflichst, … „ (fast eingeschlafen) und so weiter.
Sie schoben mir ein Dokument unter die Nase. Mir reichte die Überschrift, den Rest brauchte ich nicht zu lesen, das war gegessen. Sie drückten mir einen Kugelschreiber in die Hand. Zum Unterschreiben. Einen blauen aus Plastik mit einem x-beliebigen Firmenlogo drauf. Aber ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen: „Ich unterschreibe nur, wenn ich den behalten darf!“ forderte ich keck. Der eine (schätzungsweise 20 Jahre Fitnessstudio: Angefangen bei Fitness für Versager und inzwischen schon beim Proletentoaster angelangt) lacht überheblich und sagt: Ja! Mehr wollte ich gar nicht, Dankeschön unterschrieben und niewieder in dieses Kaufhaus.

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