Vom Sinn des Plans oder dem Plan vom Sinn

Diesen Artikel habe ich in einem anderen Blog geschrieben, der aber nun bald geschlossen wird. Deshalb und für die Einleitung der nächsten Artikel, dieser Artikel nun auch hier:

Fragt man Teilnehmer der Wirtschaft, seien es die Führer großer Unternehmen in Interviews bis hin zum Vertriebsmitarbeiter auf seiner Tagung nach ihrem Ziel, bekommt man Antworten, wie die folgende:
„Wir planen dieses Jahr um 20% wachsen“ oder „Wir planen unser Ergebnis um 10% verbessern.“
Meine Vermutung ist, würde man die Planung aller Firmen zusammenrechnen, käme man auf ein jährliches Weltwirtschaftswachstum von 50%. Mindestens.

Die Realität sieht, wie wir alle wissen, anders aus.

 

Realität

Sie ist geprägt von einem immer schnelleren Wandel, von bis in den letzten Winkel verketteter Globalisierung, die jede regionale Katastrophe, sei sie nun natürlich, wie das Erdbeben in Japan oder handgemacht, wie der Verkauf von Kreditrisiken zu einem globalen Risiko werden lässt und gleichzeitig dafür sorgt, dass sich Ideen, Konzepte und Produkte schneller und grenzenloser ausbreiten, als noch im letzten Jahrhundert.
Die Folge sind der Fall einst als Institutionen geltender Unternehmen, wie Karstadt/ Quelle genauso, wie der rasante Aufstieg vor weniger Jahren erst gegründeter Unternehmen zu den wertvollsten der Welt.
Was bedeutet es, wenn früher grundsolide Firmen, ausgestattet mit Kapital, Produktionsanlagen tausenden von Mitarbeitern und der Erfahrung jahrzehntelangen Markttreibens vom Markt verschwinden, während es gleichzeitig möglich ist, dass ein paar Studenten mit nichts weiter, als ihrem Kopf innerhalb von sechs Jahren ein Unternehmen aus dem Boden stampfen, das plötzlich 85 Mrd Dollar wert sein soll?

 

überholte Produktionsfaktoren

Oder darf man das nicht gegenüberstellen, nicht miteinander vergleichen? Ich denke schon. Und ich denke, dass sich in Zukunft wirklich erfolgreiche Konzepte immer schneller und besser durchsetzen werden und schlechte oder überholte Konzepte noch schneller und brutaler vom Markt verschwinden.
Aber was ist ein erfolgreiches Konzept? Was beschert das Wachstum, das beinahe jede Firma für sich reklamiert, ja als Ziel ausgibt?

 

In der Vergangenheit und in vielen Industrien noch heute sind die entscheidenden Faktoren das Kapital, die Arbeit, der Boden und das erfahrene (geschützte) Wissen.
In der Zukunft werden diese Faktoren eine immer geringere Rolle spielen; Kapital ist beweglicher denn je und sucht sich erfolgsversprechende Konzepte. Die globale, transparente und schnelle Kommunikation macht es möglich, dass es diese auch immer schneller findet.
Das Gewicht der Arbeit wird ebenfalls geringer. Klar definierbare Körperbewegungen tragen immer weniger zur Wertschöpfung bei und sind von anderen Faktoren, der Organisation und Planung der Arbeit abhängig.
Boden spielt in manchen Industrien eine nicht zu unterschätzende Rolle. Der Erfolgsfaktor Boden kann aber vom Kapital und dem Geschick der Mitarbeiter abgeleitet werden.
Wissen ist immer freier verfügbar und wird immer schneller überholt. Schon heute bekommen wir alle eine nicht zu bewältigende Vielzahl an Wissen angeboten. Die Herausforderungen liegen darin, die Informationsflut zu bewältigen, das notwendige Wissen zu filtern und unkompliziert für das eigene Konzept nutzbar zu machen.
Diese klassischen Faktoren spielen also heute in den neuen Industrien schon keine Rolle mehr und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie es auch in den klassischen Industrien nicht mehr tun werden.

 

Was also sind die Erfolgsfaktoren der Zukunft?

Was kann Kapital ersetzen? Wohin geht das Kapital in Zukunft? Dorthin, wo ein erfolgsversprechendes Konzept sich anbietet. Die Idee, die Kreativität.
Was kann die Arbeit ersetzen? Unsere Schnittstellen. Ein ausgereiftes Produkt für den Markt herzustellen wird immer weniger von einzelnen Firmen möglich sein. Erfolg hat der, der fremdes Wissen schnell und unkompliziert in die eigene Organisation integrieren kann.
Was kann den Boden ersetzen? Netzwerke. Jeder kennt jeden über 5 Ecken und Kommunikation wird immer leichter möglich. Umfangreiche Netzwerke bekommen die Möglichkeit verwandte Ideen und Schnittstellen besser zu nutzen und damit ihre Erfolgsfaktoren zu potenzieren.
Woher kommen Ideen? Wer gestaltet Schnittstellen? Wer spinnt Netzwerke?

Der Mensch. Ihr Mitarbeiter.
Aber welche Ideen hat er, welche Schnittstellen und Netzwerke schafft er?

Ihr Ziel ist Wachstum um 10%? Der Mitarbeiter wird mehr oder weniger zufrieden seinen monatlichen Lohn einstecken. Er wird seinen Job machen, verkaufen, entwickeln (innovativ sein, weil das State oft he art ist im Augenblick), buchhalten oder produzieren.
Schaffen Sie das Wachstum, wird er zufrieden sein. Hinken Sie hinterher, wird er auf Jobbörsen nach Firmen gucken, die größeres Wachstum, mehr Lohn versprechen.

Ihr Ziel ist es, etwas zu schaffen, das den Kunden weiterbringt? Ihr Mitarbeiter wird nach Lösungen suchen, wie er das Produkt verbessern kann, er wird Ideen entwickeln, sich das Wissen aneignen, wird sein Produkt kombinierbar mit fremden Produkten machen und nach Partnern suchen, die das gleiche wollen: die Kunden glücklich machen!

Die entscheidenden Faktoren für die Zukunft sind: Ideen, Schnittstellen und Netzwerke.

Der Ablauf vieler heutiger Unternehmen ist so festgelegt, dass die Entwicklung dieser drei Erfolgsfaktoren, zwar vielleicht sogar gewünscht wird, aber trotzdem nicht so recht gelingen mag.
Warum?
Ideen entstehen in einer offenen Umgebung, in der der Mitarbeiter die Freiheit hat, sich selbst ein paar Gedanken zu machen. Die Arbeitsabläufe dürfen dafür nicht zu starr definiert sein. (Wenn man sich nur mal die ISO- Zertifizierungshandbücher fast aller Unternehmen ansieht, stellt man fest, dass die Mitarbeiter sich bitte keine Gedanken um Verbesserungen machen sollen). Die Führung muss Fehler zulassen, Mut und Eigenverantwortung fordern. Dazu gehört, selbst ein wenig Kontrolle abzugeben und seinen Mitarbeitern zu vertrauen.
Effektive Schnittstellen entstehen dort, wo offen und partnerschaftlichen kommuniziert wird. Mit Kunden und Lieferanten. Mit Partnern. Und eine solch offene Kommunikation schafft mit der Zeit belastbare Netzwerke zum Vorteil aller.

Um die Erfolgsfaktoren Ideen, Schnittstellen und Netzwerke aufzubauen gehört also als Grundvoraussetzung:

  • Das Definieren und Leben einer Vision, Mission und von Werten die nicht (in erster Linie) darauf ausgerichtet sind hohes Wachstum oder hohen Gewinn zu erzielen, sondern ein Kundenbedürfnis im besser zu bedienen. Die Gewinnaussichten sind nicht Ursache, sondern Wirkung.
  • Denk- und Handlungsfreiheiten, Neugierde und Spaß bei der Arbeit.
  • Die ganze Organisation und ihre Vorgesetzten geben etwas Kontrolle und Verantwortung nach oben (Kunden) und nach unten (Mitarbeiter und Lieferanten) ab. Sie lassen Fehler zu.

Pläne und Ziele sollten also qualitativer Natur sein. Der Unternehmenszweck muss wieder mehr einen qualitativen, als einen quantitativen Sinn zu bekommen.

Nach oben scrollen